Samstag, 19. August 2017

Welchen Wert hat das Leben?

Gestern habe ich jemanden sterben sehen.

Ich habe lange darüber nachgedacht, in welcher Form ich meine Gedanken verfassen möchte. Schlussendlich habe ich mich für einen Blogpost entschieden, weil es immer noch meine liebste Form des Inhalteproduzierens ist. Es fühlt sich gut an, diese leere Seite zu haben und sie mit allem füllen zu dürfen, was einem so einfällt.

Nach einem Monat Pause vom Fitnessstudio, ganz einfach weil ich sehr faul bin und eins zum anderen führt, hat mich mein Freund, zu diesem Moment noch glücklicherweise, dazu überredet, ins Gym zu fahren. Es wäre doch freitagabend, da ist doch eh nix los und man müsse mal wieder pumpen. Sachen gepackt, ein bisschen rumgequängelt, aber dann ab an die Hanteln.

Es war kurz nach 10 Uhr abends, ich war mit meiner Einheit fertig und mein Freund war im anderen Bereich des Gyms fleißig am Radeln. Dann ist es passiert.

Rumms. Ein kräftig gebauter Mann mittleren Alters. Er ist einfach zu Boden gefallen. Dann ging alles sehr schnell.


Ich kannte diesen Mann nicht. Ich habe ihn noch nie in meinem Leben gesehen. Seine Familie, seine Freunde, seine Hobbys und Interessen. Von all diesen Sachen habe ich keine Ahnung gehabt. Aber in diesem Moment habe ich den Kampf um sein Leben in seinem Gesicht gespürt. Sie haben versucht, ihn zu reanimieren, sie haben alles mögliche versucht.

Mir wurde übel, mein Magen flau. Ich hatte das Bedürfnis zu weinen, aber der Schock hatte meinen ganzen Körper eingefangen. Ich wollte schreien und Gott die Schuld geben. Ich wollte mir die Schuld geben. Warum ist mir der Mann nicht früher aufgefallen? In diesem unbeschreiblichen Moment habe ich all meine Sorgen und unbegründeten Ängste ausgelacht. Ob ich ein gutes Abi schaffe, dass ich dafür mehr lernen sollte. Dass ich endlich bald mal meinen Führerschein anfangen muss. Dass ich für die Studienfahrt in einem Monat noch einen Bikini kaufen sollte.

Das Leben kann wie durch ein Fingerschnips vorbei sein. Dann hört ein Herz einfach auf zu schlagen. Und es kann jedem passieren.

Auch wenn es leicht ist zu sagen "Gott kennt seinen Weg, Gott kennt alle Wege", ist es umso schwerer, diesen Satz auch zu akzeptieren.
Ich kannte diesen Mann nicht und auch seine Lebensgeschichte ist mir fremd. Vielleicht hat er geraucht, vielleicht hat er viel Fleisch gegessen, vielleicht hatte er gerade vor einer Woche beschlossen, gesünder leben zu wollen und ist deswegen ins Gym gefahren. Man wird es nie erfahren.

So viele Menschen ärgern sich Tag für Tag über belanglose Dinge. In dem Moment, in dem du dem Tod in die Augen blickst, ist es dir egal, ob der Müll rausgebracht wurde. Ob du die nächste Rechnung deines Handys bezahlen kannst. Ob du noch Arbeit auf deinem Schreibtisch liegen hast.

Worüber ärgerst du dich eigentlich? Du beschwerst dich darüber, dass Gott dir dein Leben geschenkt hast, das du nicht nutzt. Welchen Wert hat das Leben, wenn wir es dafür missbrauchen, uns mit negativen Gedanken zu umgeben, unseren Körper mit langweiligem Essen, Zigaretten und Alkohol zu verschandeln und wir nur auf der Suche nach dem kurzen Glück sind?

Ist es nicht viel erstrebenswerter, jeden Tag etwas zu machen, was dich wirklich glücklich macht? Was deiner Seele Fröhlichkeit, Hoffnung und Liebe nährt? Das Leben ist so verdammt kurz, so verdammt kurz, dass wir dazu gezwungen sind, es zu genießen. Wir sind dazu berufen, zu leben!

Vielleicht bin ich da ein bisschen zu engagiert, sonst wäre mein Gesicht jetzt nicht tränenüberströmt.

2 Kommentare:

  1. Wow... atemberaubender Text und wie für mich gemacht. Ich befinde mich in einer ähnlichen Situation wie du. Es sind noch knapp 2 Wochen Sommerferien und was mache ich? Ich zerbreche mir den Kopf über das dritte Semester in der zwölften Klasse... ich habe schreckliche Angst vor dem Abi, mache mir Sorgen darüber was andere von mir denken und und und. Ich trauere meiner Kindheit hinterher und will nicht akzeptieren, dass ich langsam erwachsen werde. Ich bin 17 aber möchte noch Kind bleiben. Doch statt das ich mir darüber Gedanken mache, sollte ich eigentlich jeden Tag so leben, als wäre er mein letzter. Weniger Sorgen, mehr Genuss und Zufriedenheit. Das hat mich dein Blogpost gelehrt und ich werde es so schnell wie möglich umsetzen. Danke Saskia. Man denkt zwar man weiß das alles schon, aber leider vergisst man das so schnell im Alltagstrubel. Ich möchte mir keine Sorgen mehr machen. Ich will einfach leben.

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    1. Danke! Es geht nicht darum, es so schnell wie möglich umzusetzen, sondern es jeden Tag ein Stückchen mehr umzusetzen. Der Großteil schafft es nicht, sofort zufrieden, glücklich zu sein und mit Genuss durchs Leben zu gehen. Das ist auch gar nicht nötig. Ich finde, man sollte jeden Tag etwas kleines machen, was einen glücklich macht. Jeden Tag vielleicht nur für 5 Sekunden denken "der Klang der Musik ist toll", "Der Geschmack vom Brötchen ist megalecker" oder "die kühle Luft auf meiner Haut kitzelt so schön".
      Das einzige, was man nicht machen sollte, ist, vor lauter Sorgen und Traurigkeit sein eigenes Licht zu erlischen. Ich wünsche dir ganz viel Glück und Erfolg für die Zukunft ♥

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